Als ich noch ein kleines Mädchen war hatte ich Angst
vor der Dunkelheit. Nachts lag ich völlig reglos da, damit die Monster, die
sich unter meinem Bett und in meinem Schrank und hinter den Schatten
versteckten, mich nicht bemerkten. Ich versuchte nicht einzuschlafen, denn in
meinen Träumen kamen sie, um mich bei lebendigem Leibe zu verschlingen. Ich wartete
auf den Sonnenaufgang, der die Monster einen Tag lang vertrieb. Und ich sehnte
mich danach, endlich erwachsen zu werden, damit die Angst vor der Dunkelheit für immer verschwindet.
Aber als Erwachsene erkannte ich, dass die Realität
noch viel schlimmer ist als meine Vorstellung. Jetzt wo ich eine Frau bin, weiß
ich, dass wir die Monster sind. Und jedes Lebewesen fürchtet uns. Die Monster
stehen in vollem Sonnenlicht, denn nichts kann uns vertreiben. Wir sind
allmächtig, die Krone der Schöpfung, Herrscher über die Natur, Herren über
Leben und Tod. Wir sind viele. Wir sind das Ende der Nahrungskette. Wir sind
das Ende der Welt. Jetzt sind die Schatten meine Zuflucht.
Und nun liege ich völlig reglos da. Ich versuche zu schlafen,
damit meine Träume mich eine Nacht lang verschlingen. Ich warte auf den Sonnenuntergang,
der die Monster für immer vertreibt. Und ich sehne mich nach ewiger Finsternis.
Denn ich fürchte … mich.
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